Warum Unternehmen gendern sollten!

Als Unternehmen gendern?

„Von den drei Ärzten tragen zwei ein Kleid.“

Dass viele Menschen von diesem Satz irritiert sind, liegt nicht nur an Normen rund um unsere Kleidung. Wir stolpern vor allem über den vermeintlichen Widerspruch: drei Ärzte (= Männer), aber zwei Kleider (= weiblich gelesenes Kleidungsstück).

Im Deutschen ist bislang fast immer das generische Maskulinum in Gebrauch: „die Ärzte“, auch wenn ein Mann und zwei Frauen gemeint sind. Psycholinguistische Studien zeigen, dass diese grammatikalische Form männliche Bilder im Kopf erzeugt. Versuchspersonen, die nach „berühmten Musikern“ befragt werden, nennen demnach signifikant mehr Männer, als wenn sie nach „Musikerinnen und Musikern” gefragt werden. Sprache formt also Bilder – und diese Erkenntnis sollte auch Auswirkung auf die Kommunikation von Unternehmen haben.

Was ist Gendern überhaupt?

Der Begriff „Gender“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Geschlecht“. Eine gendergerechte Sprache möchte geschlechtssensibel und inklusiv sein – also niemanden ausschließen.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität zu Köln nennt folgende Vorteile gendergerechter Sprache:

  1. Eindeutigkeit: Aus einem Text geht klar hervor, wer gemeint ist.
  2. Repräsentation: Die Sprache repräsentiert alle Geschlechter, sämtliche Menschen fühlen sich gleichermaßen angesprochen.
  3. Wertschätzung: Formulierungen sind nicht diskriminierend.

Wen spreche ich durch das Gendern an?

Prinzipiell: alle. Und dabei sind nicht nur Frauen inbegriffen, die durch das generische Maskulinum („Mitarbeiter“) nicht abgedeckt sind, sondern auch nicht-binäre Personen. Das sind Menschen, die sich weder eindeutig als Mann noch als Frau verstehen. Eine genauere Definition zu nicht-binär steht auf dem Regenbogenportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Gendern ist also ein Zeichen von Anerkennung und ein Ausdruck der Wertschätzung gegenüber allen Menschen.

Welche Möglichkeiten gibt es, zu gendern?

Beim Gendern existieren zahlreiche Varianten. Die gerechte Sprache hat sich dabei immer weiter entwickelt – und tut es noch. Die unterschiedlichen Herangehensweisen haben jeweils andere Vor- und Nachteile. Eine perfekte Lösung gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss daher einen eigenen Weg finden, wenn es das Thema angehen will.

Doppelte
Nennung

 

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

schließt nicht-binäre Personen aus, also Menschen, die sich nicht als eindeutig männlich oder weiblich definieren

Sonderzeichen

 

 

Nachteil von Sonderzeichen: Sie sind für Screenreader, die sehbehinderte Personen nutzen, nicht lesbar – also nicht barrierefrei

Gendersternchen

Mitarbeiter*innen

der Stern repräsentiert die Diversität von Genderidentitäten

Gender Gap

Mitarbeiter_innen

der Unterstrich wird teils als „Leerstelle“ kritisiert, durch die Personengruppen
bezeichnet werden

Doppelpunkt

Mitarbeiter:innen

der Doppelpunkt ist als Satzzeichen sowieso verbreitet, kann dadurch allerdings auch für Verwirrung sorgen

Neutrale
Formen

 

das Team; die Mitarbeitenden; alle, die bei uns arbeiten; wer bei uns arbeitet etc.

Erfordert anfangs oft die meiste Denkarbeit und Umformulierungen

Eine gendergereichte Sprache erfordert manchmal ein Umdenken, muss aber nicht immer komplizierter oder länger sein – beispielsweise „Publikum“ statt „Zuschauer“. Tipps gibt es unter anderem im Onlinewörterbuch „Geschickt gendern“, das ständig erweitert und aktualisiert wird.

Gerade Sonderzeichen empfinden manche im Lesefluss zwar noch als störend, teils sind sie aber auch einfach eine Frage der Gewöhnung. Und mit ein bisschen Übung findet man immer schneller Formulierungen, die alle einschließen.

Warum sollten Unternehmen gendern?

Wer sich von der Kommunikation eines Unternehmens nicht angesprochen fühlt, wird weniger das Gefühl haben, ein perfekt auf sich abgestimmtes Angebot, Produkt oder Dienstleistung zu erhalten. Das widerspricht dem Trend der Personalisierung von Werbung, an den wir alle uns – auch durch den Einfluss sozialer Medien – immer mehr gewöhnen.

Natürlich muss niemand gendern. Aber eine Firma sollte sich genau überlegen, ob sie einen Teil ihrer Kundschaft nicht explizit persönlich ansprechen will. Und eines ist sicher: Die Thematik ist kein kurzlebiger Trend, sondern wird zukünftig immer wichtiger werden. Wer jetzt keine offiziellen Regelungen erstellt, kann schnell rückständig wirken und verbreitet nicht gerade ein modernes Selbstbild.

Es gibt Firmen, die in einer Branche angesiedelt sind, in der überwiegend Frauen oder Männer arbeiten. Traditionelle Beispiele dafür sind Kindergärten und Handwerksbetriebe. Doch auch – und gerade – dort sind genderneutrale Ansprachen wichtig. Schließlich ist Diversität in Teams erstrebenswert. Und wie will man die erreichen, wenn man etwa in Stellenanzeigen nur nach „einer Erzieherin“ oder „einem Kfz-Schlosser“ sucht? Wer genderneutral formuliert, steigert erwiesenermaßen die Bewerbungsquote – ein großer Pluspunkt auf einem Arbeitsmarkt, auf dem Fachkräfte hart umkämpft sind. Eine Untersuchung des Social-Media-Unternehmens Agorapulse deutet sogar darauf hin, dass sich Männer von einer gegenderten Jobanzeige in sozialen Medien sogar stärker angesprochen fühlen als Frauen.

Welche Unternehmen gendern bereits?

Es gibt einige Beispiele großer Unternehmen, die eine gendergerechte Sprache offiziell eingeführt haben. Dazu zählen beispielsweise die Sparkasse Bremen und die Rügenwalder Mühle. Dazu kommen Großkonzerne wie etwa Microsoft Deutschland, Otto und der Autohersteller Audi, die mittlerweile auf eine gendersensible Schreibweise setzen.

Dass das Thema in der Wirtschaft weiter um sich greift, zeigt auch eine Umfrage des Instituts für Kommunikation und Medien der Hochschule Darmstadt sowie der F.A.Z. unter den 30 Dax-Unternehmen. Von den 18 Teilnehmenden gaben 10 an, bereits „geschlechtergerechte Sprache“ zu verwenden; sechs weitere planen, zukünftig zu gendern.

Wenn, dann überall – aber niemand erwartet sofort Perfektion

Wichtig: Eine gendergerechte Sprache sollten Firmen nicht nur nach außen – also in Werbung, Selbstdarstellung und PR – verkaufen. Auch die interne Kommunikation passen sie dann im Idealfall an. Dazu gehören beispielsweise Newsletter, ein interner Blog, aber auch die jährliche Weihnachtskarte. Keine Sorge: Es erwartet niemand, dass alles gleich perfekt läuft – im Gegenteil. Ein Unternehmen zeigt durch den Versuch, dass es bewusst den Schritt in bislang unbekanntes Terrain wagt, um die eigene Kommunikation und Sprache gerechter zu machen.

Sie wollen die interne und externe Kommunikation in Ihrem Unternehmen umstellen, tun sich aber schwer mit der gendergerechten Sprache? Wir helfen Ihnen dabei, Texte zu formulieren, die niemanden ausschließen. Kontaktieren Sie uns gern!

PS: Fanden Sie diesen Text kompliziert formuliert? War der Lesefluss gestört? Wenn ja: Geben Sie uns gern einen Hinweis – wir wollen uns immer verbessern. Falls nicht, freuen wir uns, dass wir gendergerechte Sprache eingesetzt haben, ohne journalistische Kriterien wie Verständlichkeit und guten Schreibstil zu vernachlässigen.


Alena Mumme | AdNord Media GmbH
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